Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung: Mit eigener Wohnung die Selbstständigkeit taubblinder Menschen fördern

Anlässlich des Welttages für Menschen mit Behinderung (3. Dezember) ist der Umzug von Franz Pirker aus dem Wohnheim des Deutschen Taubblindenwerks in eine Wohnung ein beachtliches Ereignis. Der 63-Jährige ohne Seh- und Hörvermögen hat das Leben in den eigenen vier Wänden vom Grundriss aus Strohhalmen, über Gespräche mit Ämter bis hin zur Neuregelung der künftigen Unterstützung durch das Deutsche Taubblindenwerk detailliert geplant. Seine Entscheidung unterstreicht, wie wichtig die Rücksichtnahme auf individuelle Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung für ein möglichst selbstbestimmtes und zufriedenes Leben ist.

HANNOVER, 28.11.2019 – Unter Anleitung von Franz Pirker stellen die Umzugshelfer die Möbel in die neue Wohnung in Hannover. Den Ort für sein Bett, das Sofa, den Tisch mit Stühlen hat sich der 63-Jährige genau überlegt. Er ist taub zur Welt gekommen, als Erwachsener erblindet und hat in der Reha im Deutschen Taubblindenwerk Blindenschrift und Lormen gelernt. Franz Pirker kann seine Ein-Zimmer-Wohnung mit Terrasse nicht sehen, aber er hat dem neuen Lebensabschnitt seit Wochen entgegen gefiebert und zu seinem Geburtstag erst einmal Freunde in die neue Wohnung eingeladen.

Fast 200 Erwachsene mit Taubblindheit und Hörsehbehinderung leben im Deutschen Taubblindenwerk und werden von Fachkräften rund um die Uhr betreut. „Dennoch ist der Bedarf jedes einzelnen Bewohners ganz individuell und nicht jeder benötigt bzw. wünscht eine Vollzeitbetreuung“, erklärt Volker Biewald, Geschäftsführer des Deutschen Taubblindenwerks. Seit März bietet die Einrichtung Ambulant Betreutes Wohnen im häuslichen Umfeld für taubblinde und hörsehbehinderte Menschen in Niedersachsen an und kann damit auf den steigenden Wunsch der Betroffenen nach individuellen Betreuungsformen reagieren. „Diese Form der Unterstützung ermöglicht taubblinden und hörsehbehinderten Personen ein selbstbestimmtes und eigenständigeres Leben und ist aus unserer Sicht ein wichtiger Baustein auf dem Weg in eine inklusive Gesellschaft“, ist Biewald überzeugt.

„Natürlich ist die Zielgruppe für das neue Projekt im Deutschen Taubblindenwerk sehr klein und der Auszug von Franz Pirker ist ein Einzelfall“, räumt Projektleiterin Melissa Glomb ein. „Deshalb richtet sich unser Angebot in erster Linie an taubblinde und hörsehbehinderte Menschen, die bereits in einer eigenen Wohnung leben und denen zum Beispiel durch einen verschlechterten Gesundheitszustand die vollstationäre Unterbringung droht. Für die Betroffenen ist das Ambulant Betreute Wohnen von unschätzbarem Wert“, stellt Glomb fest.

Interessenten für das Angebot Ambulant Betreutes Wohnen im Deutschen Taubblindenwerk wenden sich bitte an Projektleiterin Melissa Glomb: Telefon: +49 (0) 511-51008-483 oder E-Mail: m.glomb@taubblindenwerk.de.

Seit mehr als 50 Jahren: Gesellschaftliche Teilhabe statt Isolation für taubblinde Menschen

Seit 1967 setzt sich das Deutsche Taubblindenwerk für hörsehbehinderte und taubblinde Menschen in Deutschland ein. Das Angebot an den Standorten in Hannover und Fischbeck umfasst für aktuell 80 Kinder sowie 200 Erwachsene Frühförderung, Kindergarten, Schule mit Internat, Wohnheime für Erwachsene, Ambulant Betreutes Wohnen, Werkstatt mit Berufsbildungsbereich sowie vielfältige Freizeit- und Beschäftigungsmöglichkeiten. Dazu kommen eine Taubblindentechnische Grundausbildung (Rehabilitation) und eine EUTB-Beratungsstelle, die erwachsenen Menschen mit Taubblindheit oder Hörsehbehinderung aus Niedersachsen und dem gesamten Bundesgebiet offen steht.

Mit Veranstaltungen, prominenten Unterstützern und ehrenamtlichen Mitarbeitern lenkt das Deutsche Taubblindenwerk die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Belange hörsehbehinderter und taubblinder Menschen sowie auf aktuelle Themen wie Inklusion und gesellschaftliche Teilhabe.

Kontakt

Anne Siegmund
Öffentlichkeitsarbeit
E-Mail a.siegmund@taubblindenwerk.de
Telefon 0511/51008-6617