Im Deutschen Taubblindenwerk in Fischbeck entsteht ein Bauernhof mit Tieren, die von taubblinden Menschen versorgt werden. Ein besonderes Beschäftigungs- und Therapieprojekt, über das wir mit der zuständigen Kollegin Laura Günzel gesprochen haben.
HANNOVER/FISCHBECK, 8. März 2024 – Laura Günzel fühlt sich sehr wohl. Seit Januar arbeitet die 37-Jährige im Deutschen Taubblindenwerk und lernt sie den Standort Fischbeck im Schnelldurchlauf kennen. „Ich will so viel wie möglich verstehen. Frühdienste, Spätdienste, Tagesstruktur, Werkstatt, wer lebt hier und welche Abläufe gibt es“, erzählt die junge Frau aus dem Landkreis Hameln-Pyrmont.
Tiere als Türöffner für Menschen
Nach ihrer Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen sammelte Günzel in einem Altenpflegeheim erste Erfahrungen im Umgang mit Menschen mit Behinderungen. In Hannover studierte sie Soziale Arbeit und arbeitete anschließend in einer Wohngruppe für traumatisierte Mädchen und junge Frauen. „Dort waren Tiere fester Bestandteil im pädagogischen Alltag und ich konnte immer wieder erleben, was für eine unfassbar positive Wirkung sie auf die Klientinnen haben. Besonders bei Mädchen mit Gewalterfahrungen oder traumatischen Erlebnissen entstand über die Tiere ein völlig anderer Zugang.“
Geprägt von den intensiven Erlebnissen und mit Unterstützung des Arbeitgebers hat die Sozialpädagogin eine Weiterbildung zur tiergestützten Intervention am Institut für soziales Lernen mit Tieren absolviert. Ein Glücksfall. Bietet doch das Deutsche Taubblindenwerk gemeinsam mit dem Institut aus der Nähe von Hannover seit vielen Jahren tiergestützte Pädagogik im Kinder- und Jugendbereich ein. Mit genau der Qualifikation suchte der Leiter in Fischbeck nach Verstärkung für eine neue und ziemlich große Idee: Einen Bauernhof von und für Menschen mit Taubblindheit und Hörsehbehinderung. Martin Behrendts Wahl fiel auf Laura Günzel.
Pferde, Hühner und therapeutische Angebote gibt es in Fischbeck schon länger. Im letzten Jahr entstand der Gedanke, mit einem eigenen Bauernhof neue Beschäftigungsmöglichkeiten und tiergestützte Angebote für taubblinde Menschen anzubieten. Der lose Plan stieß auf allen Seiten auf Begeisterung, sind die Möglichkeiten zur Beschäftigung für taubblinde Menschen stark eingeschränkt. Schnell stand fest: Die Idee soll in die Tat umgesetzt werden und bereits in der Weihnachtszeit gingen erste Spenden ein.
Ein Bauernhof mit Tier- und Therapiebereich ist eine Riesenaufgabe
Über die geballte Rückendeckung freut sich Laura Günzel: „Ein Bauernhof mit Arbeitsbereich und tiergestützter Begleitung, das ist eine Riesenaufgabe.“ Wie gut, dass auf dem Landhof Stallungen für Pferde und Hühner vorhanden sind und für den künftigen Bauernhof genutzt werden können. „Es gibt hier tolle Möglichkeiten, die wir Schritt für Schritt mit Leben füllen werden“, ist Günzel überzeugt. Die Bestandsaufnahme soll bald abgeschlossen sein und die nächsten Schritte vorbereitet werden.
Schon jetzt ist Günzel in Kontakt mit Bewohnern in Fischbeck, lernt jeden Tag neue Gebärden und ist überrascht von den vielen Fähigkeiten. Mit Einzelnen versorgt sie bereits die Hühner und bekommt eine Ahnung davon, wie wichtig ihre Arbeit in Zukunft sein wird: „Taubblinde Menschen haben nur wenig Möglichkeiten zu kommunizieren. Tiere wecken Neugier, geben Ruhe und können selbst körperlich eingeschränkte Menschen mobilisieren.“
Welche Tiere in Zukunft auf dem Bauernhof leben werden, ist noch nicht entschieden: „Jede Tierart bringt unterschiedliche Eigenschaften, Vorlieben und Bedürfnisse mit und sollte dementsprechend eingesetzt werden“, erklärt die Fachfrau. Einige Klienten reagieren über taktile Reize, andere können gut über Seh- oder Hörvermögen aktiviert werden. „Und dann gibt es noch charakterliche Eigenarten von Tier und Mensch, die unter einen Hut gebracht werden müssen, ergänzt Günzel mit einem Lächeln.
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